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70 Jahre Luftsportverein Rinteln

70 Jahre Luftsportverein Rinteln

Foto: Hallenansicht mit Vorplatz im Jahr 1960.

Gastbeitrag von Dieter Vogt

Segelfliegen. Am 25. Juli 1951 schlossen sich die Ortsgruppen Hess. Oldendorf, Exten, Bad Eilsen, Obernkirchen und Rinteln zusammen und gründeten die „Luftsportvereinigung Grafschaft Schaumburg“. Schon vor Freigabe der allgemeinen Lufthoheit in der Bundesrepublik Deutschland hatten sich Flugbegeisterte illegal in den vorgenannten Gruppen zusammengeschlossen.

Hallenansicht mit Tower im Jahr 1960.
Hallenansicht mit Tower im Jahr 1960.

Der Start war recht beschwerlich. Es gab weder Werkstätten noch einen Flugplatz geschweige denn Flugzeuge. In den Ortsgruppen waren zwar diverse Segelflugzeuge im Bau, wie zum Beispiel ein Grunau Baby, das aber halbfertig verkauft wurde. Da man zu der Erkenntnis kam, dass die Eigenbauaktivitäten zu viel Zeit in Anspruch nehmen würden, entschloss man sich zum Ankauf eines Doppelsitzers vom Typ Bergfalke Mü 13 E aus industrieller Herstellung. Finanziert wurde der Ankauf durch Blutspende-Aktionen, Verkauf von „Bausteinen“ (Spenden) und später mit Gastflügen auf Flugtagen außerhalb von Rinteln.

Der Bergfalke mit Taufnamen „Stadt Rinteln“ startete am 9. Mai 1952 zum ersten Flug über seiner neuen Heimat vom Feldweg „Bruchwiesenweg“ südwestlich von Rinteln gelegen. Die Taufe fand unter großer Teilnahme der Rintelner Bevölkerung statt.

Damenriege beim Säubern der Ka 7: Helga Behnert (v.l.), Karin Lindenlaub und Ursula Stadelmann.
Damenriege beim Säubern der Ka 7: Helga Behnert (v.l.), Karin Lindenlaub und Ursula Stadelmann.

Unterstützung erhielten die Rintelner Segelflieger auch durch die Segelflugschule der britischen Streitkräfte. Sie richteten 1951 einen Großflugtag in Fuhlen aus und stellten hierzu einen Kranich II, eine Weihe, einen SG 38 und eine Seilwinde zur Verfügung. Die bekannte Fliegerin Elly Beinhorn stattete der Veranstaltung einen Besuch ab und bereits am Vorabend hatte Hanna Reitsch in Rinteln einen Vortrag über die Fliegerei gehalten.

Die Stadt Rinteln stellte bereits in den 50er-Jahren das Gelände „Weserwiesen“ für den künftigen Flugplatz zur Verfügung. Im Jahr 1959 wurde dieses Gelände dann im Rahmen eines Pachtvertrages an die Rintelner Segelflieger übertragen.

Am Flugplatz war man ständig mit dem Neubau von Flugzeughallen oder deren Umbau sowie Erweiterungen beschäftigt. Die fliegerischen Aktivitäten wurden dabei aber nicht vernachlässigt und im Jahr 1958 fand der erste Ausbildungs-Lehrgang in Rinteln statt. Ferner baute man in den Jahren 1954 bis 1967 insgesamt drei Winden in Eigenregie. Die zuletzt gebaute Winde ist nach diversen Modifikationen noch immer im Einsatz. Bereits im Jahr 1960 entschloss sich der Verein, eine 20 x 25 Meter große Flugzeughalle zu erstellen, obwohl nur ein Segelflugzeug vorhanden war. Diese Halle dient noch heute unverändert als Unterstellmöglichkeit für das Vereinsgerät.

Im September 1964 erhielten die Rintelner Weserwiesen die Zulassung als Verkehrslandeplatz. Ein Jahr darauf wurde die befestigte Start- und Landebahn erstellt.

Bei den fliegerischen Leistungen muss man den ersten Wellensegelflug im Weserbergland von Fredo Kallmeyer im Herbst 1956 mit dem Bergfalken auf 1400 Meter erwähnen. Bereits im Jahr 1962 verfügte der Verein neben der Mü 13 noch über eine Ka 7. Mit einer Ka 8 und einem L-Spatz aus Privatbesitz standen dem Verein zwei weitere Flugzeuge zur Mitbenutzung zur Verfügung.

Im Rahmen des Deutschlandfluges 1969 landeten knapp 200 Maschinen in Rinteln.
Im Rahmen des Deutschlandfluges 1969 landeten knapp 200 Maschinen in Rinteln.

Mit Helga Behnert und Karin Lindenlaub stellten zwei LSV-Pilotinnen 1968 einen Deutschen Streckenflugrekord für Doppelsitzer, Klasse Damen, auf. Diesen stellten Helga Behnert und Anne Hartmann 1975 mit einem 190-Kilometer-Flug ein. Jochen Kuhlmann flog 1982 mit 550 Kilometer die bis dato weiteste Strecke vom Flugplatz Rinteln aus. Inzwischen wurde dieser Vereinsrekord von Stephan Beck und Reinhard Schramme mit Co-Pilot Rolf Bödeker im Jahr 2017 mit 1017 und 1057 Kilometer überboten.

Die Rintelner Piloten nahmen in den Jahren an diversen Meisterschaften teil und ihre Platzierungen konnten sich durchaus sehen lassen. Am jetzigen Verkehrslandeplatz der Stadt Rinteln richteten sie Landesmeisterschaften und Segelfluglehrgänge aus. Selbst war der Verein aber auch auf in- und ausländischen Segelflugplätzen zu einem Fliegerlager zu Gast. Im Rahmen des Deutschlandfluges landeten 1969 an die 200 Maschinen in Rinteln und auch in den Folgejahren wurde der Verkehrslandeplatz der Stadt Rinteln häufig als Etappenziel auserkoren.

Rinteln als Station des Deutschlandfluges 1969.
Rinteln als Station des Deutschlandfluges 1969.

Das erste Motorflugzeug sowie die ersten Funkgeräte wurden im Jahr 1967 angeschafft. Erst fünf Jahre später entschloss man sich, Rettungsfallschirme anzuschaffen. Die Segelflugzeugflotte wurde ständig auf dem neuesten Stand gehalten. Im Jahr 1975 schaffte der Verein mit dem Astir CS das erste Segelflugzeug in Kunststoffbauweise an. Der erste Doppelsitzer mit einem Klapptriebwerk (Rückkehrhilfe) wurde 1991 an den Verein ausgeliefert. 1974 tauschte man das vorhandene Schleppflugzeug, eine Morane, gegen eine Remorqueur DR 40, Kennzeichen D -EEIM, aus. Die D – EEIM versieht noch heute anstandslos ihren Dienst und zieht die Rintelner Segelflugzeuge an den Himmel zu ihren Überlandflügen.

Mit dem 23. September 1972 wird der schwärzeste Tag in der Geschichte des Luftsportvereins Rinteln geschrieben. Alfred Kallmeyer, langjähriges Vorstandsmitglied, Fluglehrer und Präsident der Luftsportvereinigung Grafschaft Schaumburg und sein Sohn Ralph verunglückten auf tragische Weise tödlich mit einem Segelflugzeug in der Nähe des Klosters Möllenbeck.

1984 benannte sich die „Luftsportvereinigung Grafschaft Schaumburg“ um und führt seit dem den Namen „Luftsportverein Rinteln e.V.“ (LSV).

Taufe des Bergfalken Mü 13 E auf den Namen „Stadt Rinteln“ 1952 unter großer Anteilnahme der Rintelner Bevölkerung.
Taufe des Bergfalken Mü 13 E auf den Namen „Stadt Rinteln“ 1952 unter großer Anteilnahme der Rintelner Bevölkerung.

Rinteln wurde 1994 von einem bisher nicht dagewesenen Hochwasser heimgesucht. Auch der Flugplatz incl. der Flugzeughallen stand komplett unter Wasser. Dank einiger weniger Vereinsmitglieder konnte ein größerer Schaden vermieden werden. Die Segelflugzeuge hatte man mit Hilfe der Transportanhänger rechtzeitig aus der Gefahrenzone gebracht und die Motorflugzeuge aufgebockt.

Aktuell verfügt der LSV Rinteln über fünf vereinseigene Segelflugzeuge, ein Motorflugzeug und einen Motorsegler. In den Reihen der Rintelner Luftsportler befinden sich Teilnehmer*innen an Welt-, Europa- und Deutschen Meisterschaften. Mit Christine Grote gehört die amtierende Vize – Weltmeisterin in der Clubklasse zum Stamm der LSV-Piloten. Die Top-Piloten des LSV fliegen seit 2014 in der 1. Segelflug-Bundesliga und belegten hier immer Plätze unter den Top-Ten. Mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft in den Jahren 2019 und 2020 schrieben sie ein neues Kapitel in der Geschichte des Luftsportvereins Rinteln.

„Aus heutiger Sicht muss man einfach vor der damaligen Aufbaugeneration den Hut ziehen. Mit welchem Eifer, Einsatz, Ideenreichtum und Weitsicht sie den Flugplatz mit all seinen Gebäuden, Flugzeugen und Fahrzeugen erschaffen haben, ist schon beachtlich. Hiervon profitiert der Luftsportverein Rinteln noch heute. Für die jetzigen und zukünftigen Vereinsmitglieder heißt dies natürlich, die von den Vorgängern geschaffenen Werte zu erhalten und stets auf dem neuesten Stand zu halten, sei es nun in technischer oder baulicher Hinsicht“, so 2. Vorsitzender und Pressesprecher Dieter Vogt.

Dies ist nur ein kleiner Rückblick auf die vielseitige Geschichte des in Rinteln ansässigen Luftsportvereins. Sicherlich gibt es noch einige Punkte, die erwähnenswert wären, aber dies würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen. Der Verfasser möchte sich bei Leo Stewing für die erstellte Chronik aus Anlass des 50-jährigen LSV-Jubiläums bedanken, aus dem hier Einiges wiedergegeben wurde.

Dieter Vogt, 2. Vorsitzender und Pressesprecher des LSV Rinteln, erinnert an Ereignisse und Menschen aus der 70-jährigen Geschichte des Luftsportvereins.
Dieter Vogt, 2. Vorsitzender und Pressesprecher des LSV Rinteln, erinnert an Ereignisse und Menschen aus der 70-jährigen Geschichte des Luftsportvereins.