Brief des Bürgermeisters Thomas Priemer an die Bevölkerung der Stadt Rinteln
Foto: Thomas Priemer, Bürgermeister der Stadt Rinteln.
Liebe Rintelnerinnen und Rintelner,
nach Tagen der Informationsflut, sich überschlagender Meldungen quer durchs Land und über alle politischen Ebenen hinaus habe ich nun das Gefühl, dass etwas Ruhe eingekehrt ist. Ruhe im wahrsten Sinne des Wortes, damit aber auch eine gewisse Sprachlosigkeit. Überwältigt von der Entwicklung der Corona-Krise erlebe ich einerseits, wie ein kleiner Virus unser gesamtes Weltgeschehen durcheinanderbringt.
Krisenpläne müssen greifen, die bestenfalls bisher in den Schubladen abgelegt waren, und wir müssen nun erkennen, dass ausschließlich nur durch unser eigenes Verhalten Besserung entstehen kann. Jeder ist gefordert in dieser für uns alle neuen Situation. Die Menschen versuchen, sich mit der Krise zu arrangieren. Obwohl manche Menschen zu Panikkäufen neigen, weil sie die Angst umtreibt, die Kontrolle zu verlieren und manche leichtfertig mit ihrer eigenen Gesundheit und der ihrer Mitmenschen umgehen, ist jedoch der überwiegende Teil zwar verunsichert, aber handelt besonnen.
Andererseits verfalle ich nicht in Lethargie. Ich nutze die Zeit für Planungen, habe lieb gewonnene Strukturen im Tagesablauf geändert, bin nicht gewillt, auszuharren und abzuwarten. Ich denke an die Zeit in ein paar Wochen, an die Arbeit, an die Freuden, die kommen werden.
Natürlich haben wir in der Stadtverwaltung bis vor ein paar Wochen noch nicht mit der Vehemenz der Krise gerechnet, aber wir sind mittlerweile überall in unserer Stadt gut gerüstet. Die Menschen haben begriffen, dass es auf das Verhalten jedes einzelnen ankommt. Viele Informationen über das individuelle Verhalten sind angekommen. Die Ernsthaftigkeit der Meldungen ist überzeugend. Die Verordnungen und Verfügungen des Landes und des Landkreises werden zügig umgesetzt. Bleibt zu hoffen, dass die staatlichen Institutionen die von der Politik zugesagten finanziellen Unterstützungen des Bundes und des Landes schnell auszahlen.
Wir haben in Rinteln die Krise aufgearbeitet und schreiben täglich unsere Entscheidungen fort. Wir haben neue Kommunikationswege in der Verwaltung erarbeitet. Wir informieren dort, wo wir es als sinnvoll erachten, im Prinzip verfeinern wir schon früher erstellte Pläne, wir passen sie zeitgemäß an. Jede Krise bietet auch die Chance, in der Zukunft besser vorbereitet zu sein.
Unser Hauptaugenmerk liegt momentan darauf, die richtigen Antworten auf die Fragen der Menschen aus unserer Stadt geben zu können. „Wie verhalte ich mich in der Öffentlichkeit? Wo kann ich bestimmte Leistungen erhalten? Was muss ich tun, um meinen Betrieb zu retten? Wer kann mir Hilfen geben, um Zuschüsse zu erhalten? Wie betreue ich mein Kind?“ Was kann die Stadt für die Menschen direkt leisten?“ Da, wo finanziell der Schuh drückt, helfen Bund und Land mit Zuschüssen und Krediten. Die Stadtverwaltung kann auch helfen! Wir lassen zurzeit das Vollstreckungswesen in vielen Fällen ruhen, wir stunden Steuerzahlungen grundsätzlich zinsfrei, wir passen Steuervorauszahlungen auf Antrag an, wir finden Lösungsmöglichkeiten bei Zahlungsverpflichtungen. Wir nutzen unseren Ermessensspielraum weit aus.
Liebe Rintelnerinnen und Rintelner,
Ich bin mir sicher, dass die Coronakrise für viele Menschen eine enorme Belastung darstellt. Gute Gewohnheiten, soziale Kontakte, eine geregelte Tagesstruktur fehlen. Sie müssen neu definiert werden. Und ich fühle auch mit den Menschen, die existentielle Sorgen haben, sei es, ihr eigenes Einkommen zu sichern, oder sei es, als Unternehmer genügend Arbeit für andere Menschen zu schaffen. Trotz allem ist diese Zeit auch dafür geschaffen, einmal innezuhalten und über Werte des Lebens nachzudenken, z.B. über Freiheit und Freizügigkeit, über Wohlstand und Sicherheit. Manchmal fühlt man sich wie in einem entschleunigten Prozess. Wir erkennen aber auch, dass Werte wie Solidarität und Nächstenliebe fest in unserer Mitte stehen, und zwar hier in Rinteln. Ich freue mich über die vielfältigen Aktionen der Nachbarschaftshilfe, der „Kümmerer“, die sich freiwillig engagieren, der Einzelhandelsinitiativen und danke ganz herzlich dafür.
Ich sage auch aufrichtig Danke an das medizinische Personal, an die Teams der Supermärkte, an die Apotheken und Pflegekräfte, die sich allesamt teilweise bis zur Erschöpfung in den Dienst der Menschen stellen.
Unser solidarisches Fundament wird ausreichen, diese unvorhergesehene Krise zu bewältigen. Dazu gehören Verständnis, Ruhe und Besonnenheit, ein bisschen Selbstdisziplin und Achtung. Mit diesen Attributen werden wir diese Zeit gut überstehen und mit neuer Kraft und neuen Ideen in ein paar Wochen oder Monaten durchstarten. Der Zusammenhalt in Rinteln ist groß und die Beschränkungen im Tagesablauf werden überwiegend eingehalten. Ich freue mich schon jetzt auf eine belebte Innenstadt und viele gute Veranstaltungen in unseren Ortschaften. Bleiben wir alle gesund!
Thomas Priemer