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Die Fußball-Vereine wollen endlich Klarheit

Die Fußball-Vereine wollen endlich Klarheit

Foto: Während Jan Kaufmann (Mitte) und der TSV Eintracht Exten den Klassenerhalt in der Kreisliga sicher haben, muss der SV Engern mit Oliver Watermann (rechts) um den Klassenerhalt bangen.

Fußball. Während die meisten Landesverbände Fakten schaffen, eiert der Niedersächsische Fußballverband (NFV) in der Frage Saisonabbruch oder Fortsetzung weiter rum. Bei einer Umfrage vor vier Wochen votierten die meisten Vereine für eine Beendigung der laufenden Spielzeit. Doch zur Verwunderung vieler Vereinsvertreter taucht bei den Szenarien, wie mit der aktuellen Serie umgegangen wird, neben drei Abbruch-Varianten, auch die Möglichkeit einer Fortsetzung der Saison wieder auf. Das verärgert und nervt die Vereine. Der NFV erweckt mit diesem Verhalten bei den Klubs die Meinung, dass so lange abgestimmt werden solle, bis der favorisierte Vorschlag des Verbandes – eine Fortsetzung der laufenden Serie im August/September – eine Mehrheit bei den Vereinen in Niedersachsen findet. Seit dem 13. März ist die aktuelle Spielzeit unterbrochen. Aber eine endgültige Entscheidung, was mit der Spielzeit 2019/2020 passiert, könnte erst dreieinhalb Monate später auf einem Verbandstag Ende Juni fallen. Die Vereine wollen endlich Klarheit und keine Hinhaltetaktik seitens des NFV.

Jonas Kütemeyer (rechts) und der SC Rinteln würden im Fall einer Wertung ohne Absteiger profitieren und in der Bezirksliga bleiben.
Jonas Kütemeyer (rechts) und der SC Rinteln würden im Fall einer Wertung ohne Absteiger profitieren und in der Bezirksliga bleiben.

Andere Landesverbände machen es vor, wie es geht: Die drei baden-württembergischen Fußballverbände haben einhellig beschlossen: Die Saison 2019/20 wird nicht in den Herbst hinein verlängert und soll zum 30. Juni 2020 auslaufen. Die direkten Aufsteiger sollen über den Quotienten ermittelt werden, Absteiger gibt es keine. Die finale Entscheidung trifft ein Verbandstag im Juni. Auch im Nordosten der Republik herrscht Gewissheit: Der Fußball-Landesverband Brandenburg (FLB) hat in einer Videokonferenz am Montag beschlossen, dass die aktuelle Saison im Amateurfußball vorzeitig beendet wird. Unter Anwendung einer Quotientenregelung werden die Aufsteiger auf der Grundlage der Tabellenstände vom 12. März ermittelt. Die Abstiegsregelungen 2019/2020 hingegen werden außer Kraft gesetzt. Und auch der Schleswig-Holsteinische Fußballverband (SHFV) hat am Samstag Fakten geschaffen: Meister und Vize steigen auf, keiner steigt ab.

Nur in Niedersachsen lässt eine Entscheidung weiter auch sich warten. Obwohl vor einigen Wochen 28 NFV-Kreise für einen Saisonabbruch votierten, ist eine Fortsetzung der Saison immer noch nicht vom Tisch. Vielleicht liegt das daran, dass der NFV die Devise unterbrechen statt abbrechen favorisiert. In einem Webinar am Samstag (16. Mai) stimmt sich der NFV mit den Vereinen erneut ab. Neben einer Fortsetzung der aktuellen Spielzeit stehen für den Saisonabbruch drei Varianten zur Auswahl: Annullierung, Quotientenregel mit Auf- und Abstieg oder Quotientenregel mit Aufstieg, aber ohne Abstieg.

Der Tenor bei den Rintelner Vereinen und aus dem Auetal ist eindeutig: Die Klubs wollen endlich Klarheit haben und plädieren weiter für einen Saisonabbruch. Lediglich in der Frage, ob es nach Anwendung der Quotientenregel Auf- und Absteiger gibt oder nur Aufsteiger und keine Absteiger, da scheiden sich die Geister. Eine Annullierung der Serie 2019/2020 kommt bei den Vereinen nicht in Betracht. Der TSV Krankenhagen, der SC Auetal und der SC Schwalbe Möllenbeck sehen in der Quotientenregel mit Auf- und Absteigern die fairste Lösung. „Man wird es nicht allen Vereinen recht machen können“, meint Möllenbecks Fußballobmann Karsten Schröder. „Mit Auf- und Absteigern hätte man eine Leistungsbewertung der Saison 2019/2020 abgebildet“, ergänzt Dean Rusch, Trainer des TSV Krankenhagen. Sehr überrascht über die Möglichkeit der Fortsetzung der Saison zeigte sich Marcel Diedler vom SC Auetal: „Ich dacht eigentlich, dass sich eine Mehrheit der niedersächsischen Vereine dagegen ausgesprochen habe.“ Der SC Rinteln, TSV Eintracht Exten, SV Hattendorf, SV Engern, SC Deckbergen-Schaumburg und TSV Steinbergen würden ebenfalls eine Wertung nach der Quotientenregel begrüßen, wären aber dafür, die Abstiegsregelung außer Kraft zu setzen. Natürlich spielt der Eigennutz bei einigen Vereinen eine Rolle. Doch sind sich die Vereinsvertreter einig: Eine Fortsetzung geht gar nicht.

Der SC Deckbergen-Schaumburg mit Michael Deisner (rechts) würde im Fall einer Wertung nach Quotientenregel als Tabellenzweiter in die 1. Kreisklasse aufsteigen.
Der SC Deckbergen-Schaumburg mit Michael Deisner (rechts) würde im Fall einer Wertung nach Quotientenregel als Tabellenzweiter in die 1. Kreisklasse aufsteigen.

Marco Gregor, Trainer des SV Engern, findet drastische Worte. „Das ist eine Oberfrechheit vom NFV, damit entfernt sich der Verband immer weiter von der Basis. Sie sollen die Interessen der Vereine vertreten und nicht ihre Eigeninteressen durchdrücken“, ist Gregor verstimmt. Die Vereine sollen durch die Corona-Pandemie keinen Schaden nehmen, deshalb kommt für Gregor nur die Quotientenregel mit Aufsteigern, aber ohne Absteiger infrage. „Wir kommen auf einen Wert von 0,83, der TSV Eintracht Exten auf 0,88. Aber es wären ja noch zwölf beziehungsweise 13 Spiele zu absolvieren. Da kann man doch keine Mannschaften absteigen lassen, wenn der Unterschied minimal ist“, begründet Gregor seine Meinung. Auch der SC Rinteln plädiert für eine Wertung ohne Absteiger. „Wir hätten dann Glück gehabt und würden in der Bezirksliga bleiben. Aber fast alle Landesverbände werten die Serie nach der Quotientenregel mit Auf-, aber ohne Absteiger. Warum sollte der NFV dann ausscheren“, hinterfragt der sportliche Leiter des SC Rinteln Heiko Ruhe. Eigentlich hätte nach acht Wochen der Ungewissheit schon längst eine Entscheidung fallen müssen. „Die Entscheidungsfindung des Verbandes dauert einfach zu lange. Sollte erst am 27. Juni Klarheit herrschen, dann hätte man als Verein, nur drei Tage Zeit die Transfers abzuwickeln“, gibt Ruhe zu bedenken. Der SV Hattendorf wäre auch ein Nutznießer, wenn die Abstiegsregel außer Kraft gesetzt wird. „Natürlich sind wir befangen. Aber wir haben nur elf von 26 Saisonspielen absolviert und sollen dann als Absteiger gewertet werden. Das würde ich nicht fair finden“, meint Helmut Wittek, Trainer des SV Hattendorf.

Der SC Deckbergen-Schaumburg würde von der Quotientenregel profitieren. „Dann wären wir in die 1. Kreisklasse aufgestiegen“, weiß Trainer Wilhelm Sieker. Der Saisonabbruch mit Auf-, aber ohne Absteiger sei die einzig vernünftige Variante. Der TSV Eintracht Exten kann die Entscheidung des NFV gelassen abwarten. Die erste Mannschaft hätte auf jeden Fall den Klassenerhalt in der Kreisliga sicher. „Es gibt immer Gewinner und Verlierer. Aber warum soll es Absteiger geben, wenn noch über ein Drittel der Saison zu spielen ist“, erklärt Eintracht-Manager Ralf Kaufmann. Entscheidet sich der NFV für die Quotientenregel mit Aufsteigern, dann würde die Eintracht-Reserve in die 2. Kreisklasse und das Frauenteam in die Bezirksliga aufsteigen. Dem TSV Steinbergen kann es egal sein, zu welcher Entscheidung der NFV kommt. „Wir stehen als Tabellenachter im Niemandsland der Kreisligatabelle“, weiß TSV-Macher Bernd Reichelt. Er sehe allerdings eine Wertung ohne Absteiger als die beste Lösung an. „Viel wichtiger ist aber, dass den Vereinen endlich eine Perspektive aufgezeigt würde, wann der Ball wieder im Wettkampfmodus rollen kann“, so Reichelt.

Man darf also gespannt sein, zu welcher Entscheidung der NFV kommt. Nur sollte die Entscheidung von einer großen Mehrheit der Vereine mitgetragen werden können.

Für Ali Al Fahad (links) vom TSV Krankenhagen und Dennis Mohme vom TSV Steinbergen ist es egal, wie die laufende Serie gewertet wird.
Für Ali Al Fahad (links) vom TSV Krankenhagen und Dennis Mohme vom TSV Steinbergen ist es egal, wie die laufende Serie gewertet wird.