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35 Jahre Budo SV Rinteln: Ein Interview mit Vereinsbegründer Andreas Burre

35 Jahre Budo SV Rinteln: Ein Interview mit Vereinsbegründer Andreas Burre

Foto: Für Budo-SV-Pressesprecher Stefan Trox (rechts) war es eine große Ehre, das Interview mit Vereinsbegründer Andreas Burre zu führen.

Kempo-Karate. Am 15. März 1986 wurde der Budo SV Rinteln gegründet. Vor 35 Jahren zählte der Verein – als das Gründungsprotokoll im Hotel Stadt Kassel verfasst wurde – gerade einmal 19 Mitglieder. Mit dem Ehrenvorsitzenden Jochen Siekmann, Carsten Menzel, Volker Spieker, Klaus Surkus und Dieter Wömpner sind fünf Gründungsmitglieder noch heute aktiv im Verein. Der Budo SV Rinteln hat seit seiner Vereinsgründung die Mitgliederzahl mehr als verfünffacht. Heute gehören der Budo-Familie 107 Mitglieder an. Budo-SV-Pressesprecher Stefan Trox traf sich mit dem Stil und Vereinsbegründer Andreas Burre und führte zu diesem Anlass ein Interview. Der 63-jährige Burre lebt in Bad Salzuflen und hat dort eine Logopädie-Praxis.

Der harte Kern mit Jürgen Wieder (von links), Marcel Verschuur, Herbert Zielinski, Walter Lyks, Roland Wieder, Andreas Burre, Lutz Meier, Tjebbe Laeyendecker und Hans Szontkovski. Auf dem Bild fehlen Tobi Verschuur und Jürgen Zielinski.
Der harte Kern mit Jürgen Wieder (von links), Marcel Verschuur, Herbert Zielinski, Walter Lyks, Roland Wieder, Andreas Burre, Lutz Meier, Tjebbe Laeyendecker und Hans Szontkovski. Auf dem Bild fehlen Tobi Verschuur und Jürgen Zielinski.

Wie alt waren Sie, als Sie mit dem Kampfsport angefangen haben?
Da war ich 14 Jahre jung. Ich habe mit meiner Clique Fußball gespielt und einer fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, mal zum Judo zu gehen. Das waren meine ersten Berührungen mit dem Kampfsport in Vlotho.

Wie sind Sie dann zum Kempo gekommen?
Wir haben für den Kampfsport gebrannt und sind dann auch zum Trainieren nach Rinteln zur alten holländischen Schule der Nato-Angehörigen am ehemaligen Krankenhaus gefahren. Dort trainierte der Holländer Ted Verschuur. Er bot aber nicht nur Judo, sondern auch Shaolin Kempo Hishin Shi an. Ich merkte sehr schnell, dass mir Kempo mehr lag und so habe ich nur noch Kempo trainiert. Die Gruppe wuchs stetig zu einer tollen Truppe an. Wir waren so begeistert und haben zusätzlich in Langenholzhausen trainiert. Hier ist die Wieder-Familie – mit Jürgen und Roland – zu nennen, die den Anstoß gab. Später schlossen wir uns dem TuS Langenholzhausen an. Nach dem Weggang von Verschuur – Versetzung als Soldat nach Stolzenau – hat in Rinteln zunächst Tjebbe Laeyendecker, ebenfalls ein Schüler von Verschuur, das Training kurzfristig geleitet. Dann wurde auch Laeyendecker nach Blomberg zur Nato-Kaserne versetzt. Er gab die Leitung an mich ab. Ich ging dann nach Höxter zur Ausbildung und musste das Training in Rinteln an Dieter Rossband abgeben. Man schloss sich der VTR an. In Langenholzhausen habe ich dann mit der Wieder-Familie versucht, das Training weiter aufrecht zu halten. Nach meiner Rückkehr traten wir aus dem TuS Langenholzhausen aus und gründeten den Budo-SV Kalletal. Der Zuspruch in Hohenhausen war enorm und es kam auch eine Judo-Abteilung unter Klaus Holtmeier dazu. Danach gründeten wir noch Abteilungen in Möllbergen und Vlotho. Damit eine effektive Verwaltung möglich wurde, schufen wir die Geschäftsstelle unter Carsten Menzel, die heute noch den Budo-SV Kalletal und Rinteln verwaltet. Zu dieser Zeit stieß dann Jochen Siekmann, der heutige Ehrenvorsitzende der Rintelner, in Vlotho dazu. Das Training in Vlotho leiteten die Brüder Lutz und Jürgen Meier. Die dortigen Kampfsportler waren hochtalentiert. Ralf Asmuß, Klaus Kruse und Uwe Latza besuchten sogar den Sichtungslehrgang für die Nationalmannschaft im Karate. Das Training wurde damals bereits komplett umgestellt. Auf dem Großturnier in Nordhorn holten wir mit vier Teilnehmern drei erste Plätze in den Gewichtsklassen.

Was waren Ihre Vorbilder?
Das war sicherlich Bruce Lee, der eine Brücke von weichen zu härteren Stilen und Boxelementen geschlagen hat.

Stehen Sie mit jemandem von damals heute noch in Kontakt?
Mit Maria Verschuur, aber auch mit Jochen Siekmann und Claudia Schlüter.

Wie kam es zur Vereinsgründung des Budo SV Rinteln?
Der damalige Vorsitzende der VT Rinteln rief mich an, und fragte mich, ob ich nicht das Training in Rinteln wieder übernehmen könnte. Ich bin auf den Vorschlag eingegangen und habe die Abteilung weiter aufgebaut. Wir traten dann aus der VTR aus und gründeten den Budo SV Rinteln, der auch über die Geschäftsstelle von Carsten Menzel verwaltet wurde. Der Hintergrund war, dass wir damals dem Dachverband für Budo-Techniken angehörten. Man konnte eine eigene Sektion mit fünf Abteilungen beziehungsweise Vereinen gründen. Dann wäre Kempo eigenständig gewesen. Das gelang uns leider nicht. Wir kamen mit Vlotho, Kalletal, Möllbergen und Rinteln nur auf vier. Möllbergen und Vlotho wurden dann aufgegeben, da es mir nicht möglich war, in allen Abteilungen das Training zu leiten. Das hat mich sehr traurig gemacht, weil die Eigenständigkeit ein großes Ziel meinerseits gewesen war. Die ehrenamtlichen Helfer und Sportler waren schon damals rar.

In Aktion: Andreas Burre (links) und Jochen Siekmann.
In Aktion: Andreas Burre (links) und Jochen Siekmann.

Was war der Grund für die Stiländerung? Weg vom Hishin Shi hin zu Hadaka?
Das Hishin Shi kommt ja rein aus der Feder von Ted Verschuur und ist maßgeblich mit Pentjak Silat aus Indonesien verbunden. Der Sport hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Ich habe Ted Verschuur viel zu verdanken. Leider wurde der Stil immer wieder geändert. Hishin Shi sollte ja umgewandelt werden in eine Art Ju Jutzu mit Elementen aus Pentjak Silat. Diesen Weg wollte ich nicht mitgehen. Ich habe dann einen eigenen Stil mit dem Buch Shaolin Kempo Hadaka festgeschrieben. Hadaka ist eine Ergänzung des Hishin Shi mit härteren und moderneren Elementen.

Und warum der Name Hadaka? Es bedeutet ja nackt und frei.
Ich habe einige Elemente aus dem Hishin Shi entfernt und schlanker gemacht – deshalb nackt. So wurden zum Beispiel die Hintai-Läufe und andere wie Oji-Waza eingeführt, um auf Wettkämpfen konkurrenzfähig zu sein. Mit nackt und frei ist aber auch gemeint, dass man dem Schüler das Kampfsport-ABC beibringt mit den Techniken, die bleiben, diese nicht ständig verändert, sondern eine Stilrichtung vorgibt, die dauerhaft ist. Trotzdem muss man im Training offen sein für Neues – deshalb frei. Es wurde damals auch ein Wettkampftraining eingeführt. Am Grundgerüst des Kampfsport-ABCs darf jedoch nicht gerüttelt werden, sonst weiß kein Kampsportschüler mehr, woran er sich halten soll. Dafür habe ich extra das Buch geschrieben, um alles genau festzuschreiben.

Wieso haben Sie nach der Vereinsgründung zeitnah mit dem Shaolin Kempo Hadaka aufgehört?
Da gab es mehrere Gründe. Zum einen wurde die Belastung für mich zu groß. Ich habe zuletzt in vier Vereinen Training gegeben. Zudem blieb viel Organisation auch an mir hängen. So war ich jeden Abend mit Training, Vorstandssitzungen, Treffen mit dem Kreissportverband und den Fachverbänden unterwegs. Dann wurde zudem erwartet, dass man als Dan-Träger der Beste ist und man musste dementsprechend selbst trainieren. Außerdem bekam ich damals große Probleme mit meinen Knien. Wenn ich mit gleicher Konsequenz und Intensität weiter trainiert hätte, dann wäre ich um eine Operation nicht vorbeigekommen. Des Weiteren haben Studium, die Arbeit und die Familienplanung auch viel Zeit in Anspruch genommen. Deshalb zog ich die Reißleine und vertraute auf die Fähigkeiten von Jochen Siekmann.

Haben Sie damit gerechnet, dass der Budo SV Rinteln mal sein 35-jähriges Bestehen feiern würde?
Ja, doch, denn unter der Führung von Jochen Siekmann lief das Training optimal weiter. Da hatte ich ein sehr gutes Gefühl. Sonst hätte ich das Training und auch die Vereinsführung nicht in seine Hände gegeben.

Betreiben Sie heute noch Kampfsport oder eine andere Sportart?
An meiner gesundheitlichen Situation mit den Knien hat sich leider nichts geändert. Und auch nicht mit der beruflichen. Ich arbeite pro Woche immer noch 50 bis 60 Stunden in meiner Praxis. Ich fahre heute Fahrrad, wenn es die Zeit und das Knie zulassen. Sollte der Budo SV Rinteln aber meinen Rat oder meine Hilfe benötigen, dann wäre ich sofort bereit, um zu helfen.

In Aktion: Andreas Burre (links) und Reinhold Weidmann.
In Aktion: Andreas Burre (links) und Reinhold Weidmann.