Sie lesen gerade
Nach 75 Jahren ist Schluss: Vladimir Pinjuh beendet seine Tischtennis-Karriere

Nach 75 Jahren ist Schluss: Vladimir Pinjuh beendet seine Tischtennis-Karriere

Foto: Vladimir Pinjuh im Jahr 1963 (links) und heute: Nach 75 Jahren beendet er seine Tischtennis-Karriere.


Tischtennis. Er brachte mit seinem Sicherheitsspiel die Gegner zur Weißglut, am Tisch war er ein grandioser Defensivkünstler und brach in seiner langen Karriere etliche Rekorde. Doch nun ist Schluss: Nach 75 Jahren beendet Vladimir Pinjuh seine erfolgreiche Tischtennis-Laufbahn. „Das Bücken nach dem Ball fällt mir zusehends schwerer. Deshalb beende ich meine Karriere als aktiver Mannschaftsspieler des TSV Todenmann-Rinteln“, erklärt der 84-Jährige.

Pinjuh blickt auf eine lange und siegreiche Karriere zurück. Seit seinem 9. Lebensjahr steht er am Tisch. Als Jüngstes von vier Kindern ist er im kroatischen Opatja an der Adriaküste groß geworden. Der junge Vladimir entwickelte ein großes Faible für den Tischtennissport, hatte Talent und schaffte es bis in die 1. jugoslawische Liga. „Das konnte man schon mit der heutigen Bundesliga vergleichen“, meint Pinjuh. Seinen ersten Tischtennisschläger habe er als Neunjähriger in die Hand bekommen. „Ein breites Holzbrett auf zwei Fässer gelegt, war unsere Tischtennisplatte, der Ball, mehrfach mit Aceton geklebt, sprang wie eine Kartoffel“, erinnert sich Pinjuh.

Der Defensivkünstler holte viele Titel nach Rinteln.

1962 kam er in Rinteln an. Pinjuh sah seine berufliche Zukunft in der Tourismusbranche, Opatija war mit 60 bis 70 Hotels voll darauf ausgerichtet. „Ich wollte in Deutschland meine Sprachkenntnisse verbessern und nur ein bis zwei Jahre bleiben“, berichtet das Tischtennis-Ass. Doch es kam ganz anders: Er lernte seine bereits verstorbene Frau Hannelore kennen und blieb aus Liebe in der Weserstadt hängen. Der Sport half ihm, schnell die Brücke in die Gesellschaft zu schlagen. Er überzeugte die Rintelner Tischtennisspieler von seinen Fähigkeiten und sackte viele Titel ein. Neun Mal hintereinander wurde er Kreismeister der damaligen Grafschaft Schaumburg, zudem kamen zahlreiche Podestplätze bei Bezirksmeisterschaften sowie unzählige Doppel- und Ranglistensiege dazu.

Pinjuh machte so gut wie keine Fehler. Er war ein Meister des Defensivspiels. Sein Paradeschlag war die Rückhand. „Plötzlich und unerwartet patschte ich mit der Rückhand mal einen rein. So habe ich viele Punkte gemacht“, weiß der 84-Jährige. Sein Lieblingsdoppelpartner war Ernst Vollbrecht. „Wir haben uns am Tisch blind verstanden und viele Titel geholt“, verrät Pinjuh. Zu seinen Angstgegnern gehörte Bodo Haake aus Springe. „Gegen ihn habe ich dreimal im Finale der Bezirksmeisterschaften gestanden und dreimal verloren. Bodo war auch ein Defensivspieler, doch er griff häufiger an als ich“, erinnert sich Pinjuh zurück.



Im November vergangenen Jahres half Pinjuh noch einmal in der dritten Mannschaft des TSV Todenmann-Rinteln aus. Beim 8:8-Unentschieden gegen den späteren Kreisliga-Meister TTC Borstel III steuerte er im Doppel an der Seite von Hans-Jürgen Ludewig sogar noch einen Punkt bei. Mit 11:13, 11:5, 14:12 und 13:11 bewiesen die beiden „Altmeister“ Nervenstärke und gewannen das Duell gegen Carmen Uecker und Sebastian Weiß. „Da stand auf der einen Seite des Tisches über 150 Jahre Tischtenniserfahrung“, erklärt Pinjuh mit einem Schmunzeln im Gesicht. In den beiden Einzeln konnte er sogar einen Satz gewinnen.

Der wortgewandte und rüstige Senior, der stets den Schalk im Nacken hat, wird weiterhin die Mehrzweckhalle in Todenmann besuchen. „Ich schaue mir regelmäßig die Spiele der Ersten in der Landesliga an und werde auch das eine oder andere Mal beim Training vorbeischauen“, erklärt Pinjuh. Und sollte eine dramatische Personallage bei den Tischtennis-Mannschaften des TSV Todenmann-Rinteln eintreten, dann würde „ich zur Not auch noch mal einspringen“, hält sich Pinjuh noch ein kleines Hintertürchen offen.

An der Seite von Hans-Jürgen Ludewig (rechts) gewann Pinjuh in dieser Saison noch ein Doppel gegen den späteren Kreisliga-Meister TTC Borstel.