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Horst Kunze als „Macher“ bei den Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen in Tokio

Horst Kunze als „Macher“ bei den Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen in Tokio

Foto: TK-Präsident Horst Kunze sieht dem Start der WM-Wettkämpfe mit großer Zuversicht entgegen.

Trampolinturnen. Der Rintelner Horst Kunze kehrte jetzt von den Weltmeisterschaften im Trampolinturnen aus Tokio zurück, wo er als Präsident des Technischen Komitees (TK) des Internationalen Turnverbandes (FIG) die Wettkämpfe in den Disziplinen Trampolinturnen im Einzel, Mannschaft und Synchron, Doppel-Mini-Trampolin und Tumbling leitete.

„Die WM in dem im Oktober fertiggestellten Ariake Gymnastics Centre war ein Test-Event für die Wettkämpfe bei den Olympischen Spielen vom 24. Juli bis zum 9. August 2020 in Tokio“, verrät Kunze. „Über 330 Turnerinnen und Turner aus 39 Nationen nahmen an der WM teil. Meine Aufgabe als TK-Präsent bestand darin, für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen. Außerdem fungierte ich als Oberkampfrichter.“ Kunze koordinierte den Einsatz von über 40 Kampfrichtern. Bei Protesten war er der Entscheidungsträger.

In seiner Funktion als Oberkampfrichter musste Horst Kunze bei der WM mehrfach eingreifen.
In seiner Funktion als Oberkampfrichter musste Horst Kunze bei der WM mehrfach eingreifen.

„Die Übungen der Turnerinnen und Turner werden nicht nur per Video aufgezeichnet, sondern auch mit Hilfe von elektronischen Messgeräten überwacht. Dabei werden die Höhe der Sprünge ebenso gemessen wie die Abweichungen der Sprünge von der Tuchmitte. Das fließt alles in die Bewertung ein. Wenn diese Geräte ausfallen, muss ich eingreifen und die Übung per Videoaufzeichnungen überprüfen. Das war im Vorkampf viermal der Fall“, berichtet Kunze.

Die Halle, in der bei den Olympischen Spielen neben den Trampolinwettkämpfen auch die Entscheidungen im Gerätturnen und der Rhythmischen Gymnastik fallen, sei ein beeindruckendes Bauwerk, so Kunze. Das Ariake Gymnastics Centre ist eine Mehrzweckhalle im Süden von Tokio im Stadtteil Ariake und hat ein Fassungsvermögen von 12.000 Zuschauern. Die Architekten haben sich beim Bau an traditionell japanischen Bautechniken orientiert. Dabei wurden 2300 Kubikmeter Holz aus ganz Japan verwendet. Die Halle soll nach Aussage der Organisatoren einer „Holzschale, die in der Bucht schwimmt“ ähneln. Sie dient auch als Wettkampfstätte während den Sommer-Paralympics 2020 in Tokio. Danach wird die Halle zum Ausstellungszentrum umfunktioniert.

Horst Kunze mit dem ehemaligen TK-Mitglied der 90er Jahre Masanori Obayashi aus Japan.
Horst Kunze mit dem ehemaligen TK-Mitglied der 90er Jahre Masanori Obayashi aus Japan.

„Das Ariake Gymnastics Centre ist ein hochmoderner Bau, technisch hochkarätig ausgestattet mit viel Platz nicht nur für die Zuschauer, sondern auch für die Aktiven, Trainer, Betreuer, Kampfrichter, Funktionäre und Presse. Aber die Sitzplätze sind gewöhnungsbedürftig. Sie bestehen komplett aus Holz mit einer nur 20 Zentimeter hohen und steilen Rückenlehne. Die Sitzfläche ist sehr knapp bemessen. Und auch die Zwischenräume betragen nur wenige Zentimeter. Sie scheinen eher für Japaner ausgelegt zu sein als für breite Europäer oder Amerikaner. Zudem sind sie sehr unbequem. Zwei Stunden darauf zu sitzen, ist eine Herausforderung“, schildert Kunze seine Eindrücke.

Horst Kunze inmitten des aktuellen Technischen Komitees sowie der Olympiasiegerin von 2004 in Athen, Anna Dogonadze (l.) aus Deutschland, und Weltmeister von 1984 in Osaka und 1986 in Paris, Lionel Pioline (r.) aus Frankreich.
Horst Kunze inmitten des aktuellen Technischen Komitees sowie der Olympiasiegerin von 2004 in Athen, Anna Dogonadze (l.) aus Deutschland, und Weltmeister von 1984 in Osaka und 1986 in Paris, Lionel Pioline (r.) aus Frankreich.

Die Wettkämpfe im Trampolinturnen finden am 31. Juli und 1. August 2020 statt. Am Freitag wird Gold für die Frauen vergeben, am Samstag für die Männer. Synchronturnen, Doppel-Mini-Trampolin und Tumbling stehen nicht im Programm. Nur jeweils die besten 16 Turnerinnen und Turner der Welt qualifizieren sich über die Platzierungen bei der Weltmeisterschaft und den sechs Weltcup-Veranstaltungen für den olympischen Wettkampf im Einzel auf dem Großgerät. „Sicher dabei sind sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern Athleten des Gastgebers. Deshalb werden die Entscheidungen sehr gut besucht sein“, freut sich Kunze auf die Wettkämpfe. „Deutsche Athleten werden den Sprung zu Olympia nicht schaffen.“

Die besten Acht des Vorkampfes qualifizieren sich für das Finale. Nach etwa zweieinhalb Stunden stehen die Sieger fest. „Ohne Medaillenvergabe kommen die Leute nicht. Deshalb findet die Entscheidung jeweils an einem Tag statt“, so Kunze. Die Medaillen wird ein IOC-Mitglied umhängen. Horst Kunze als TK-Präsident darf bei der Siegerehrung für die Männer die Blumen überreichen.

Das Ariake Gymnastics Centre ist ein Holzbau mit einer Kapazität von 12.000 Plätzen.
Das Ariake Gymnastics Centre ist ein Holzbau mit einer Kapazität von 12.000 Plätzen.

Die Olympischen Spiele in Tokio sind für Horst Kunze das letzte sportliche Groß-Event als TK-Präsident. Nach 30 Jahren als Präsident des Technischen Komitees des Internationalen Turnverbandes wird sich der dann 75-Jährige Ende Oktober im türkischen Antalya nicht mehr zur Wiederwahl stellen. „38 Jahre Mitglied im Technischen Komitee, davon 30 Jahre als TK-Präsent, sind genug. Jetzt sollen auch mal Jüngere ran.“

Horst Kunze bleibt dem Trampolinsport aber weiter erhalten. Als dann Ehrenvizepräsident der FIG wird er sicherlich bei Großereignissen immer wieder ein gern gesehener Gast sein.

Die Wettkämpfe werden per Video aufgezeichnet, elektronische Geräte liefern Messdaten über Sprunghöhe und Abweichungen von der Tuchmitte.
Die Wettkämpfe werden per Video aufgezeichnet, elektronische Geräte liefern Messdaten über Sprunghöhe und Abweichungen von der Tuchmitte.