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SC Auetal zittert sich nach einer 4:1-Führung zum Sieg gegen den TSV Steinbergen

SC Auetal zittert sich nach einer 4:1-Führung zum Sieg gegen den TSV Steinbergen

Foto: Simon Strottmann (links) und Nico Kloschinski (rechts) haben das Nachsehen. Der Auetaler Lukas Herrmann markiert das 1:0.


Fußball. Zwei völlig unterschiedliche Halbzeiten haben die 135 Zuschauer beim Kreisliga-Derby zwischen dem SC Auetal und TSV Steinbergen erlebt. Sahen die Männer von der Aue zur Halbzeit noch wie der sichere Sieger aus und lagen mit 4:1 in Front, kippte nach dem Seitenwechsel die Partie. Etwas mehr Glück, und der TSV Steinbergen hätte Zählbares nach Hause mitgenommen. „Aber wenn du nach fünf Minuten mit 0:2 hinten liegst und nach 20 Minuten mit 0:3, dann ist es schwer, ein Spiel noch zu gewinnen“, analysierte TSV-Manager Bernd Reichelt realistisch.

Tatsächlich erwischte der SC Auetal einen Start der Extraklasse. Lukas Herrmann nutzte seine Schnelligkeit und es stand 1:0 (2.).  Der SCA-Jubel war kaum verklungen, da setzte Nico Winkelhake Philip Dunkley in Szene. Der „Halb-Engländer“ gewann das Duell gegen Torwart Florian Mehrens und netzte ein zum 2:0 (5.). Tatsächlich schienen die Auetaler mit den harten und holprigen Platzverhältnissen besser zurecht zu kommen. Hätte es Sinn gemacht, das Spiel auf den Sportplatz nach Kathrinhagen zu verlegen? „Der ist auch nicht besser“, dämpfte Marcel Diedler alle Hoffnungen. „Von oben sieht der Kathrinhäger Platz zwar grüner aus, aber die Drainage sorgt für tiefe Wellen auf dem Spielfeld.“



Dem SC Auetal konnte es an diesem Tag egal sein. Ein Kopfball von Tobias Feldmann brachte das 3:0 (20.). Hatten manch skeptische Zuschauer ein Spiel auf Gut-Glück mit Rumgebolze erwartet, boten beide Mannschaften erfreulichen Offensivfußball. Das Chancen-Plus von 8:3 lag in der 1. Halbzeit eindeutig beim SC Auetal. Den 3:1-Anschlusstreffer von Jannik Sasse nach einem 25-Meter-Freistoß (43.) werteten die Heimbesucher als Schönheitsfehler, zumal Philip Dunkley postwendend den alten Abstand wieder herstellte. Nach einem Pass von Benedikt Friedrichs bediente Jan Köhler den derzeit besten Torjäger der Liga (9 Treffer in 5 Spielen) und es stand 4:1 (44.).

„Der SC Auetal spielt klar überlegen“, nickte der frühere SCA-Torwart Niklas Dohm anerkennend. „Von Steinbergen kam bisher nicht viel. Aber den Freistoß-Standard hat Jannik Sasse genial genutzt.“ Dohm zieht es beruflich nach Franken, hält seinen Spielerpass aber im Auetal. „Mein Mitwirken ist derzeit nicht erforderlich. Mit Frederik Meier und Marco Großardt sind wir im Tor hervorragend besetzt.“ 

Aber Dohm und auch die Zuschauer rieben sich nach dem Seitenwechsel verwundert die Augen, denn plötzlich wirbelten die Gäste aus Steinbergen. Sicherlich hatten drei Spielerwechsel in der Pause dazu beigetragen. Die Spannung wuchs, als Maximilian Bartels einen Freistoß in den Strafraum beförderte. Der aufgerückte Innenverteidiger Simon Strottmann stieg am höchsten und köpfte wuchtig ein zum 4:2 (56.). Die Antwort des SC Auetal erfolgte nicht in Angriffen, sondern in einem Dreifach-Spielerwechsel. Die routinierten Kräfte Tobias Feldmann und Felix Rauhut verließen den Platz. „Nach so vielen Spielen in kurzer Zeit laufen wir verletzungstechnisch auf der letzten Rille“, erläuterte Co-Trainer Carsten Hauser die Lage. „Aber anderen Vereinen wird es genauso gehen.“ Die Herausnahme von Florian Meyer überraschte. „Der Schiedsrichter sagte, noch eine Aktion und es gibt die zweite gelbe Karte“, erklärte der SCA-Mannschaftskapitän die Vorsichtsmaßnahme. 

Nicht zu stoppen: Philip Dunkley trifft für den SCA doppelt. Steinbergens Verteidiger Robin Mieruch musste Schwerstarbeit verrichten.

„Es war klar, dass der TSV Steinbergen in der 2. Halbzeit Druck machen würde“, sah SCA-Trainer Thomas Reh den Spielverlauf voraus. „Bei uns ging der Faden verloren. Die Auswechselungen von drei wichtigen Spielern waren für unser System tödlich. Aber wir hätten das 5:2 machen müssen, doch so verlierst du die Ruhe. Heute haben wir es über die Runden gebracht. Wenn ich an die 1. Halbzeit denke, haben wir über 90 Minuten gesehen verdient gewonnen.“

Reh spielte auf die Szene in der 70. Minute an, als Marc Steinsiek aus zwei Meter Entfernung ein Wembley-Tor erzielte. Der Ball sprang von der Lattenunterkante auf die Torlinie, von dort zurück ins Spielfeld. In Deutschland werden solche Szenen seit Sommer 1966 als „Kein-Tor!“ ausgelegt. 

Verteidiger Simon Strottmann erkannte die Möglichkeiten seiner Mannschaft: „Wir haben noch 20 Minuten Zeit, nicht hektisch werden!“ Nun baute der TSV Steinbergen kontinuierlichen Druck auf, der die SCA-Abwehr fast zum Platzen brachte. Die Chancen für den TSV Steinbergen häuften sich. Doch nur ein Foulelfmeter (Benedikt Friedrichs an Jannik Sasse) sorgte für eine Resultats-Veränderung. Der Gefoulte trat selbst an. SCA-Torwart Marco Großardt war mit den Fingern noch am Ball. Half aber nicht, die Kugel schlug hoch oben ein und es stand 4:3 (83.). Dem SC Auetal bot sich nur eine Chance noch, die Nico Kloschinski gegen Marco Hauser vereitelte (87.). Den Gästen aus Steinbergen wäre fast der Ausgleich noch geglückt. Doch ein Kopfball von Simon Strottmann (86.), ein Schuss von Tim Franzmeier (88.) und zweimal Jannik Sasse mit Möglichkeiten (89./93.) verfehlten ihr Ziel oder wurden Beute von Torwart Marco Großardt.

„Es war derart dramatisch, dass ich es nicht mehr ausgehalten habe“, gestand der SCA-Vorsitzende Dieter Grupe. „Ich bin in den letzten Minuten hinter das Vereinsheim zum Tennisplatz gegangen, immer in der Hoffnung, dass nicht die Durchsage von einem Steinberger Treffer kommen würde.“ Nach dem erlösenden Schlusspfiff konnte sich der Vorsitzende des SC Auetal wieder nervenstärker unters Publikum mischen. Die bis zur letzten Nachspielzeitsekunde am Platz geblieben waren, zeigten unterschiedliche Gesichter. Erleichterndes Durchschnaufen, bei den Anhängern des SC Auetal. Enttäuschung pur bei den Besuchern aus Steinbergen. Die Aufholjagd des TSV war grandios, wurde am Ende aber nicht belohnt.

SCA: Marco Großardt, Felix Rauhut (66. Maurice Pernau), Tobias Feldmann (66. Samer Mahmo/90. Julien Erdmann), Florian Meyer (66. Marco Hauser), Marc Steinsiek, Nico Winkelhake, Jan Köhler, Lukas Herrmann, Benedikt Friedrichs, Philip Dunkley, Justin Andre.

TSV: Florian Mehrens, Robin Mieruch, Jan-Hendrik Rinne (46. Alexander Pfohl), Maximilian Bartels, Marel Gebauer, Jannik Sasse, Tim Franzmeier, Simon Strottmann, Nico Kloschinski, Jan Mohme (46. Jonas Wöbking), Max Babakin (46. Admed Tou Kenneh).

In der Schlussphase drängte der TSV mit Jannik Sasse und Marel Gebauer auf den Ausgleich. Nico Winkelhake und Felix Rauhut stemmten sich erfolgreich dagegen.